Das Innere Kind – 3 – Erste Kontaktaufnahme und Begegnung mit dem Schatten.

Danke an Hartwig für die Bilder. Hier geht es zu seinem Flickr Stream.

Hier geht es zu Teil 1 der Serie über das Innere Kind.
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Stell dir vor, du bist ab heute die beste Mama, der beste Papa, der du dir sein kannst. Und du hast jetzt plötzlich ein Kind im Inneren, das du ab heute gut versorgen möchtest. Hole dein inneres Kind von damals im ersten Schritt ab.

Das Innere Kind abholen

In meinem Fall saß mein Kind noch in Gedanken in seinem Kinderzimmer. Ich saß als Kind oft verlassen mit meinen Wünschen und Bedürfnissen in meinem Zimmer. Dort, im Alleinsein war der einzige Ort wo ich sein durfte, wie ich bin, denn meine Persönlichkeit wurde in meiner Familie nicht anerkannt. So war ich oft lieber allein, als der ständigen Kritik zum Opfer zu fallen.

Mein Inneres Kind war daher einsam, als ich es dort in seinem Zimmer abholte. Mein Kind saß in meiner Phantasie in einem dunklen Raum. Da ich mich mit Traumanalyse beschäftige, hat mir das auch zu denken gegeben.

Warum war der Raum dunkel? Der Raum, in dem du dein Inneres Kind vorfindest, kann ein erster Anhaltspunkt dafür sein, in welcher emotionalen Verfassung sich das Innere Kind befindet. Vielleicht zeigt es dir auch eine Geste, die dir Aufschluss über seinen Gemütszustand gibt. Nehme alle aufkommenden inneren Bilder und Gefühle ernst. So findest du einen Zugang zu deinen Gefühlen die am Anfang der Inneren Kind Arbeit noch häufig im Unbewussten liegen.

Den direkten Zugang über das Gefühl zu finden, ist nicht für jeden Menschen einfach. Deshalb kann der Versuch, ein visuelles Bild im Inneren zu finden, ein möglicher Weg sein, wie du einen ersten Kontakt zu deinem Inneren Kind findest. Ich habe den ersten Kontakt mithilfe einer Imagination begonnen. Später habe ich immer öfter mit dem Kind kommuniziert und in mich hinein gehört und in mich hinein gefühlt, was mein Kind emotional beschäftigt und welche Unterstützung es von mir braucht.

Ich habe erst einmal sein Vertrauen gewonnen, indem ich mein Kind in Gedanken öfters besucht habe. Für den Anfang zum Beispiel 1x am Tag für 5-10 Minuten. 

Sein Vertrauen zu gewinnen war nicht so leicht, weil meine Gefühle und Bedürfnisse seit der Kindheit unterdrückt waren. Das Kind traute sich gar nicht, zu sagen, was es brauchte. Es war stets überangepasst und brav, weil es sich gar nicht mehr traute, seine Bedürfnisse zu äußern. Damals wurde ihm ja ohnehin nicht zugehört. Es hatte keinerlei Vertrauen von seinen Bedürfnissen zu berichten. 

Noch einmal deutlich: Das Kind sagte nicht mehr, was es brauchte. Das bedeutet aber nicht, dass es keine Bedürfnisse hatte. Es bedeutet, es hat kein Vertrauen zu sagen, was es braucht. Ich habe es ja immerhin viele Jahre im Stich gelassen, weil ich es nicht besser wusste.

Ich musste als innerer Erwachsener sehr viel Geduld mit mir (mit dem inneren Kind) haben. So entstand dann langsam ein Kontakt und das innere Kind begann mit der Zeit, von seinen Bedürfnissen zu erzählen. Es dauerte ein paar Wochen, in denen ich täglich für 10 Minuten den Kontakt zum inneren Kind suchte, bis es zufriedenstellend funktionierte. 

Der Innere Erwachsene

Die Innere Kind Arbeit besteht aus zwei Persönlichkeitsanteilen, die in Beziehung treten:

Einem Inneren Kind und einen Inneren Erwachsenen

So war ich dann auch manchmal mit einem erwachsenen Anteil konfrontiert, der sich ebenso oft hilflos fühlte und nicht weiter wusste, wie es Eltern im Allgemeinen auch manchmal mit ihren Kindern ergeht.

Dadurch erfahren wir nicht nur Mitgefühl mit dem Anteil des Kindes, sondern ebenso mit dem Anteil des Erwachsenen.

Oft habe ich erst dadurch, dass mein innerer Erwachsener sich ebenfalls hilflos fühlte, Verständnis für meine physischen Eltern finden können. Denn erst als ich selbst versuchte, mir diese Elternliebe zu geben, verstand ich, wie schwierig das sein kann.

Obwohl es schwierig war, blieb ich dran und ging täglich für kurze Zeit zu meinem Inneren Kind und versuchte mit ihm, in einen ernsthaft interessierten Kontakt zu treten.

Ich fragte immer wieder, wie es ihm geht und was es braucht, um sich glücklich und geliebt zu fühlen. Und ich sagte ihm, dass ich jetzt täglich komme, um ihm beizustehen. Ich versprach, dass ich es nicht wieder allein lassen würde. Nach und nach hörte ich die innere Stimme, und das Kind begann, sich mir mitzuteilen. Anfangs ganz zaghaft. Darüber habe ich mich dann sehr gefreut. Das Kind begann zu verstehen, dass ich ihm wirklich helfen wollte. Deshalb dürfen wir nicht so schnell aufgeben, auch wenn es anfangs noch nicht funktionieren sollte.

Und dann habe ich angefangen, mich im Außen, auch vor anderen Menschen für die Belange meines Kindes einzusetzen.

Ich hatte es bis dahin es noch nie erlebt, dass Menschen mir Rückhalt gegeben haben und hinter mir gestanden haben. Meine Eltern konnten dieses nicht. Sie besaßen ja selbst keine Selbstakzeptanz für sich.

Erst dadurch, dass ich das selbst schaffen musste, verstand ich, welche Kraft dieses für einen traumatisierten Menschen kostet, und dass meine Eltern nie in der Lage dazu waren, mir Rückhalt und Urvertrauen zu geben. Sie hatten es selbst nicht. Das hilft dann auch ein bisschen, um verzeihen zu können.

Und auch heute noch gibt es Situationen, wo es mir außerordentlich schwer fällt, mich für mich einzusetzen, wenn alte kindliche Ängste getriggert werden. Denn in meiner Kindheit wurde ich für die Äußerung von Bedürfnissen meistens ignoriert oder gar bestraft. Und auch heute muss ich dieses ab und zu noch üben, um die alte Konditionierung immer wieder zu durchbrechen.

Das war anfangs sehr schwer für mich, weil es mir noch an Mut und Selbstvertrauen fehlte und ich eine Zeit brauchte bis ich vollstes Verständnis für meine Bedürfnisse und meinen Selbstschutz erworben hatte. Ich versuchte es eben so gut ich konnte und war auch liebevoll zu meinen Inneren Eltern, die manchmal mit den Bedürfnissen des Kindes überfordert waren. Vater oder Mutter zu sein, muss man eben auch üben. Das spürt man am eigenen Leib, wenn man versucht dem inneren Kind selbst gute Eltern zu sein. Wenn ich nicht weiter wusste, fragte ich andere Menschen um ihren Rat und so brauchte ich ungefähr drei Jahre, bis ich sagen konnte, ich war in mir angekommen.

Internalisierung

Leider habe ich meine Eltern viele Jahre unbewusst imitiert. Man spricht psychologisch von Internalisierung. Das heißt, ich habe mein inneres Kind genauso unempathisch und kalt und behandelt, wie ich das bei meinen Eltern erlebt und teils stark kritisiert habe, weil ich selbst unter vielen Ängsten bezüglich des Kontrollverlustes litt, die meine Eltern dazu veranlasst hatten, meine Bedürfnisse nicht sehen zu können.

Bei der Internalisierung werden Verhaltensweisen der Eltern unbewusst übernommen, selbst dann wenn man nach außen hin im Widerstand gegen seine Erziehung lebt. Schaut man sich seine eigene Persönlichkeit jedoch genau an, kann man erkennen dass es sich um einen Widerstand gegen die eigene Person handelt. Man befindet sich letztlich in teils kriegerischer Auseinandersetzung mit sich selbst. Das ist der Krieg im Innen.

Diese Anteile unserer Eltern liegen häufig im psychologischen Schatten, daher sehen wir diese in uns selbst nicht. Im Außen sehen wir diese Verhaltensweisen meist schneller. Diese können wir nutzen, um bei der Begegnung mit der Umwelt auf diese inneren Anteile aufmerksam zu werden. 

Schatten und Projektion

Der Tiefenpsychologe Carl Gustav Jungs sagt: „Wer nach außen schaut, träumt, wer nach innen schaut erwacht.

Wir sind es gewohnt unsere Aufmerksamkeit nach Außen zu richten und daher entgeht uns der innere Konflikt mit uns selbst sehr häufig. Richte deine Aufmerksamkeit zukünftig mehr nach innen aus, und finde heraus welche äußeren Konflikte, Projektionen deines inneren Konfliktes sind. In Situationen in denen du im Außen keine Veränderung herbeiführen kannst, bietet dieses die Möglichkeit, Erlösung zu finden. 

Projektion bezeichnet in der Psychoanalyse allgemein einen Abwehrmechanismus. 

Der Begriff Projektion umfasst das Übertragen innerpsychischer Inhalte, durch die Abbildung eigener Emotionen auf andere Personen oder Objekte der Außenwelt. Die „Abwehr“ besteht dabei darin, dass durch Projektion vermieden wird, sich mit Inhalten des eigenen selbst auseinanderzusetzen, die man beim anderen sieht. 

Der Begriff Schatten wurde erstmals vom Schweizer Psychoanalytiker Carl Gustav Jung (1875 – 1961), häufig C.G. Jung abgekürzt, geprägt. Nach Jung bezeichnet der Schatten unbewusste Persönlichkeitsaspekte, mit welchen sich ein Mensch nicht identifiziert, sie aber trotzdem latent in sich trägt. 

Der Schatten enthält nach Jung alles, was dem positiven, bewussten Selbstbild des Menschen und seiner gesellschaftlichen Maske widerspricht. Es sind un- oder teilbewusste Persönlichkeitsmerkmale, Verhaltensweisen oder auch Gefühle, die man nicht sein oder sehen möchte.

Auch in alten mystischen Schulen wird dieses Prinzip der Spiegelung des eigenen Selbst in der Umwelt, seit langer Zeit bereits gelehrt. Das dritte Prinzip der Analogie aus der Hermetik besagt zum Beispiel: „Wie oben, so unten; wie innen, so außen; wie der Geist, so der Körper.

Demnach befindet sich alles, was in deiner Umwelt abgebildet wird, auch anteilig in dir. Alle Eigenschaften und Verhaltensweisen, die du an anderen Menschen ablehnst, sie vielleicht regelrecht abstoßend findest, sind in dir genauso enthalten. Es ist dir bloß nicht immer bewusst. 

In der Auseinandersetzung mit uns selbst und der Umwelt projizieren wir unseren Schatten häufig auf die Umwelt und befinden uns, solange dieses noch nicht bewusst ist, in der konflikthaften Auseinandersetzung mit ihr. 

Erst wenn wir diese Projektionen zu uns zurücknehmen und die Ursache unserer Konflikte in uns selbst wahrnehmen, öffnet sich eine neue Möglichkeit, seinem Schatten zu begegnen und ihn nach und nach durch Bewusstheit in Licht zu verwandeln. 

Der Schatten ist nichts Negatives, er ist das Ergebnis einer einseitigen Wertung unseres Ego Bewusstseins und eine Folge fehlender Bewusstheit. 

Der Schatten wird zu Licht, wenn du ihn mit Bewusstheit erhellst. Durch Achtsamkeit, Mitgefühl und Verständnis, kannst du Bewusstheit in deinen Schatten bringen. Dann verwandeln sich die schattenhaften Anteile ich lichte Anteile, so wie ich es im zweiten Artikel am Beispiel der indischen Göttin Kali beschrieben habe.


Die negative Wertung des Kritikers wandelt sich in eine Integration einer heiligen Energie. Ebenso entfiel im Falle von meiner inneren Kali zunehmend das unbewusste Bedürfnisse impulsartig und einseitig kritisch auf die Umwelt zu reagieren.

Dieses ist gemeint, wenn ich sage, der Schatten verwandelt sich durch Bewusstheit zu Licht. 

Die eigenen unbewussten Projektionen erkennen

Ich habe erkannt, dass ich meine tiefsten Bedürfnisse verleugnet hatte. Ich hatte es einfach nicht bemerkt, dass ich mich genauso hart verurteilt und genauso im Stich gelassen hatte, wie es meine Eltern aus der gleichen Unfähigkeit taten, in liebender Selbstannahme zu leben. 

Dieses Thema lag, obwohl ich mich mein ganzes Leben lang im Außen sehr kritisch mit meiner Kindheit und mit dem Thema Erziehung auseinandergesetzt hatte, in meinem Schatten. Ich gehörte zu den idealistischen Erzieherinnen, die Erziehungsmethoden ihrer Umwelt, engagiert und systemkritisch reformieren wollten. Die emotionale Kälte und die Strenge, die auch in mir war, die habe ich lange Zeit immer nur im Außen gesehen. 

Ich habe die Persönlichkeitsanteile, die ich abgelehnt habe, nach außen projiziert. Ich sah diesen Anteil häufig im Leistungsdruck der Konsumgesellschaft, im Funktionieren müssen, im Bildungs- und Gesundheitssystem, in politischen Entscheidungen mächtiger Menschen, und in emotions-kalten Menschen gespiegelt, die mich im Alltag umgaben. 

Das dieses aber selbst in mir war, und eine Spiegelung meines eigenen Selbst, sah ich nicht, denn es lag noch im Unbewussten, zu dem ich erst langsam Zugang bekam. Bis ich diesen Anteil, der so unbarmherzig mir selbst war, in mir sehen konnte, dauerte es eine Weile.

Die inner Kind – und die Enneagramm Arbeit, konfrontierte mich immer mehr mit meinen dunklen Schattenanteilen. Diese beiden Methoden zählen zu meiner persönlichen Schattenarbeit

Und so gab es den Tag, an dem ich erkennen musste, dass ich in Wirklichkeit unter mir selbst leide, und nicht unter einer kaltherzigen Welt in der ich lebe. Und ich glaube so, wie es mir erging, geht es vielen Menschen, die ihre inneren Konflikte auf die Umwelt projizieren. 

Diese Menschen möchte ich durch diesen Text erinnern, dass sie selbst die Macht haben ihr Leben zu ändern, weil in ihnen selbst der Schlüssel zur Bewusstheit und zur Befreiung liegt. 

Ich möchte dich lieber Leser nach Innen führen, weg von der Verwicklung in äußere Projektionen, denn dort im Inneren befindet sich die Möglichkeit, eine Änderung für herbei zu führen. 

Wer seine Selbstwahrnehmung ändert, für denjenigen ändert sich die Wahrnehmung der Umwelt. Wer sich selbst erkennt und annimmt, findet zunehmend Frieden mit sich und infolgedessen auch mit der Umwelt, die eine Folge des eigene Selbstbildes darstellt. 

Denn dein Selbstbild erzeugt die Projektionen und die Wechselwirkungen, die sich in deinem Leben ergeben. Und somit hängt die Erfahrung, die du mit deiner Umwelt machst, von deiner Fähigkeit der Selbstannahme ab.

Kompensation für ungelebte eigene Bedürfnisse

Ich bin Erzieherin geworden, um mein Leben anderen Kindern zu widmen, um den anderen Kindern ein besseres und liebevolles Leben zu ermöglichen, weil ich es in meiner Kindheit vermisst hatte. Meine Strategie der Bewältigung meines eigenen Traumas, bestand also darin, anderen leidenden Menschen zu helfen.

Ich hatte ich mich immer speziell auf die Menschen ausgerichtet, die es besonders schwer im Leben hatten. Das war ein Teil meiner Projektion auf die Umwelt, denn in Wirklichkeit ging es immer um mein eigenes Leiden, welches mich dazu drängte ein chronischer Helfer zu sein. Der Großteil meiner Traumatisierung lag jedoch viele Jahre noch im Dunklen, so dass ich das Leid hauptsächlich als Projektion in anderen Menschen sah.

Der Bodhisattwa

Ich war ein Bodhisattwa und ein Idealist, der im Kampf gegen das System, die Welt zu einem besseren Ort machen wollte. Ein Bodhisattwa ist ein Mensch, der zum Wohle aller Wesen handelt und das eigene Wohl hinten anstellt. Diese altruistische Tugend erhält häufig große soziale Anerkennung und wird daher selten in Frage gestellt. Auch in spirituellen Kreisen ist diese Haltung sehr verbreitet, ohne hinterfragt zu werden. Und so geschieht es eben häufig, dass Menschen im Streben nach Gutheit um im Handeln zum Wohler andere Menschen, sich selbst schlecht behandeln.

Aber auch an dieser Stelle möchte ich darauf hinweisen, dass des Weg des Bodhisattwa und einschließlich aller anderen Menschen, die sich dem Helfen und dem Wohle des Nächsten verpflichtet haben, kein Irrweg ist! Denn auf diesem Weg lernt der Mensch seinen einseitigen Egoismus zurückzustellen und entwickelt sich somit zu einer neuen sozialen Bewusstseinsstufe. Somit kann und wird Weg des Bodhisattwa als Vorbereitung auf das Erwachen betrachtet, der jedoch im letzten Schritt der Bewusstwerdung noch einmal überwunden werden darf.

Über den Weg zum Bodhisattwa ist in vielen buddhistischen Büchern eine weiterführende Beschreibung zu finden. Dem interessierten Leser empfehle ich das Buch, Chögyam Trungpa – Das Herz des Buddha, indem der Weg und das Gelübde des Bodhisattwa beschrieben wird.

Die Buddhisten glauben, dass ein Bodhisattwa Gelübde über mehrere Leben hinweg wirkt. Also habe ich mir diesen Weg der Selbstverleugnung vielleicht schon in einem früheren Leben aufgelegt? Auf diese Frage kann ich bis heute nur eine wage Antworten finden. Deshalb zurück ins Hier und Jetzt.

In meiner Lebenskrise musste ich diese Haltung des chronischen Altruismus, dann irgendwann aufgeben. Mein großer unbändiger Idealismus, die Welt zu einem besseren Ort zu machen, ist in einem Burn-out geendet und ab da sollte ich scheinbar meine gesamte emotionale Überlebensstrategie, fallen lassen.

Als dieses geschah, brach mein Trauma in einem neuen Ausmaß hervor, denn die chronische Haltung des Helfens gehörte zur Abwehr der eigenen inneren Betroffenheit, des Leidens. Gerade Menschen in sozialen Berufen werden oft als die Hilflosen Helfer bezeichnet, die mit ihrer Hilfsbereitschaft nach Außen hin, oft die eigene unbewusste oder unterdrückte Bedürftigkeit kompensieren. 

Ich habe immer sehr mit meinen Kindergartenkindern mitgelitten, wenn diese in ihrer Individualität und mit ihren Gefühlen und Bedürfnissen von der Umwelt nicht gesehen wurden, weil ich nicht verstand, dass es eigentlich immer um mich ging. Ich hatte ein unbewusstes Helfersyndrom, und projizierte mein eigenes unbewusstes Leid auf die Kinder im Außen und brach unter der Last, sie alle zu retten zu wollen, zusammen. Zum Glück hatte das nicht funktioniert, denn dann wäre ich nicht zu meiner heutigen Selbsterkenntnis gegelangt und immer noch gefangen in diesem Muster.

In den anderen Kindern sah ich das Leiden und kümmerte mich aufopferungsvoll um sie. Niemand durfte ihnen ein Haar krümmen, sonst sprang ich gleich darauf an. Aber mich und mein Inneres Kind, vergaß ich. Und somit lebte ich die Rolle der ideellen Aufopferung, die ich zu Hause in meiner Familie kennengelernt und übernommen hatte, ohne zu erkennen, was ich eigentlich selbst brauchte und wie lieblos ich mich selbst behandelte. Ich brauchte Liebe und Annahme.

Das Ideal des Helfers und Retters, ja des Helden, der die Schwachen und Ausetzigen beschützte, hatte mir zu einer neuen Lebenskraft gefühlt, die mir in der Kindheit ermöglichte, mein Trauma für einige Jahre zu kompensieren. Als dieses Ideal losließ, fiel ich der Logik entsprechend auf meine traumatischen Anteile zurück, denn diese wurden ja durch die Stratgie bewältigt.

Auch suchte ich chronisch im Außen nach Liebe, nach dem einen Mann der mich rettet und erfüllt, doch auch den sollte ich scheinbar nicht finden, wie ich mir das alles einmal vorgestellt hatte.

Und irgendwann verstand ich was ich tun musste: Ich musste mich mir selbst zuwenden. Das Innere Kind hat mich zu mir selbst geführt.

Du kannst eine sehr liebevolle Mutter sein, und deinen Kindern alles geben, aber zu dir selbst bist du vielleicht ungerecht, kalt und hart, verlangst dir zu vile ab und du unterdrückst deine Bedürfnisse. Ich musste das auch erst einmal sehen, wie kalt ich zu mir war und mit welcher Strenge ich mir Dinge abverlange.

Ich bin Perfektionistin und da hatte das Innere Kind mit seinen Bedürfnissen keinen Platz. Ich war der Teufel zu mir selbst, und ich bewertete auch andere Menschen mit großer Strenge. Aber ich sah es nicht, bis ich es eines Tages mit Entsetzen sah. Bis dahin sah ich es immer nur bei den Anderen. Es war mir unbewusst.

Nicht mal das kann ich verurteilen, denn ich wusste es einfach nicht besser.

Sich selbst verzeihen

Es ist wichtig, sich nicht zu verurteilen, wenn einem bewusst wird, wie man sich oder andere verletzt hat, denn man tut es ja unbewusst. Wichtig ist, dass man sich bereit erklärt, ab dem Moment wo man es sieht, wieder die Verantwortung zu übernehmen und Mitgefühl für all jene die man verletzt hat, einschließlich sich selbst, zu entwickeln. Manchmal ist auch eine Entschuldigung anderen oder sich selbst gegenüber angebracht, auch wenn man letztlich nicht schuldig ist. Aber man kann Verantwortung übernehmen. 

Oft geriet ich einen emotionalen Zustand der Betroffenheit und des echten Mitgefühls mit mir selbst, wenn sich eine neue Schicht meines Schattens und meines Traumas zeigte.

Vielleicht wird dir beim Lesen dieses Textes ersichtlich, warum der Schatten im engen Zusammenhang mit dem Trauma steht. Ich war es selbst, der mich viele Jahre geknechtet hat. Aber solange man das noch nicht begreift, sieht man das Übel der Welt, eben nur im Außen.

Entschuldigende Worte waren da oft nicht notwendig, einzig das Erkennen und authentische Empfinden von Mitgefühl und echter Betroffenheit waren notwendig, um einen Heilungsprozess in Gang zu bringen.

Selbsthilfe

Ich versuche mir heute, selbst der Erwachsene zu sein, den das Kind damals nicht im Außen hatte und dem traumatisierten Inneren Kind zu helfen, wieder frei zu werden und sich geborgen zu fühlen.

Dazu horche ich immer wieder in mich hinein und suche Kontakt zum Inneren Kind und seinen Bedürfnissen.

Meine rein intellektuelle und analytische Beschäftigung mit dem Trauma, die auf Grund meines Interesse am Thema Psychologie schon mein Leben lang ein Thema für mich war, hat nicht ausreichend geholfen, die Muster wirklich aufzudecken.

Erst die emotionale Zuwendung mir selbst gegenüber, und die Annahme, dass ich es selbst bin, der sich das antut, konnte den entscheidenden Stein der Selbstheilung ins Rollen bringen. 

Es dauerte bei mir ca. drei Jahre bis das Innere Kind sicher und geborgen war. Erleichterung und erste Veränderungen brachte mir die Beschäftigung mit dem Inneren Kind allerdings schon nach ein paar Wochen bis Monaten des Trainings. 

Vermutlich werde ich die Serie über innere Kind Arbeit noch fortführen. Abboniert meinen Blog rechts oben, um eine Benachrichtigung zu erhalten.

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